Wenn der Arbeitnehmer verstirbt, was wird aus dem Urlaub?
Eine Frage, mit der sich der EUGH und das Bundesarbeitsgericht schon mehrfach beschäftigt haben. Warum eigentlich?
Der Erholungsurlaub hat den Zweck, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zu erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen, so hat das der EUGH definiert (EUGH, Urteil vom 20. Januar 2009, Az. C-350/06). Das wirft das praktische Problem auf, wer nach dem Tod des Arbeitnehmers während des Arbeitsverhältnisses an dessen Stelle sich erholen und entspannen soll? Das funktioniert natürlich nicht, aber was ist mit dem Abgeltungsanspruch?
Das BAG hat dazu in der Vergangenheit eine klare Auffassung vertreten:
Der Urlaubsanspruch geht mit dem Tod unter und konnte sich nicht in einen Abgeltungsanspruch (= Zahlungsanspruch für den Erben) im Sinne von § 7 Abs. 4 BUrlG umwandeln (BAG, Urteil vom 12.03.2013, Az. 9 AZR 532/11). Das hieß Pech für den Erben.
Dem BAG hat der EUGH widersprochen und eine Verletzung des europäischen Rechts gerügt. Der Erbe des Arbeitnehmers hat Anspruch auf finanzielle Vergütung für von diesem nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub (EuGH, Urteil vom 12.06.2014, Az. C-118/13). Vereinfacht ausgedrückt hat das BAG danach unterschieden, ob das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet oder auf andere Weise wie zum Beispiel Kündigung oder Aufhebungsvertrag.
Noch nicht vollständig geklärt war die Frage, welche Anteile des Urlaubs sich nach dem Tode des Arbeitnehmers in einen Abgeltungsanspruch umwandeln. Dazu hat der EUGH entschieden (EuGH, Urteil vom 06.11.2018, Az. C-569/16 und C-570/16, C-569/16, C-570/16).
Mit einer aktuellen Entscheidung hat das BAG die Entscheidung des EUGH umgesetzt (BAG, Urteil vom 22.01.2019, Az. 9 AZR 45/16) und damit Rechtssicherheit für den Erben geschaffen. Da der Urlaub sich aus mehreren Ansprüchen zusammensetzen kann, ist noch wichtig zu wissen welche Ansprüche nach dem aktuellen Urteil des BAG erfasst sind:
- Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub nach §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG von 24 Werktagen
- Anspruch auf Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX aF
- Anspruch auf Urlaub nach § 26 TVöD, der den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigt.
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