Wechselmodell: Bundesgerichtshof ebnet den Weg über den Umgang mit dem Kind
Das Wechselmodell im Gesetz
Zwar sieht das Gesetz nicht ausdrücklich das Wechselmodell vor, sondern nur den Aufenthalt bei einem Elternteil und den Umgang mit dem anderen Elternteil. So hat das vor einiger Zeit noch das OLG Jena entscheiden, aber auch einen Weg aufgezeigt, wie das Wechselmodell gleichwohl vor Gericht durchgesetzt werden kann.
Nach § 1684 BGB hat ein Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil und ist jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt. Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln, soweit das Gesetz. Wie weit die Befugnis der Gerichte geht, darüber war sich die Rechtsprechung nicht ganz einig. Nun hat der BGH die Frage entschieden.
Eine gerichtliche Umgangsregelung, die im Ergebnis zu einer gleichmäßigen Betreuung des Kindes durch beide Eltern im Sinne eines paritätischen Wechselmodells führt, wird vom Gesetz nicht ausgeschlossen, so der BGH. Auch die Ablehnung des Wechselmodells durch einen Elternteil hindert eine solche Regelung für sich genommen noch nicht. Entscheidender Maßstab der Regelung ist vielmehr das im konkreten Einzelfall festzustellende Kindeswohl.
Die Voraussetzungen für das Wechselmodell
Als gewichtige Gesichtspunkte des Kindeswohls gelten die Erziehungseignung der Eltern, die Bindungen des Kindes, die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität sowie die Beachtung des Kindeswillens angeführt. Das zwischen den Eltern über die Betreuung des Kindes im Wechselmodell Konsens besteht, ist hingegen keine Voraussetzung für eine entsprechende Anordnung.Sonst würde der Elternteil, der blockiert, über eine Art Vetorecht verfügen.
Die auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Umgangsregelung setzt eine bestehende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern voraus. Dem Kindeswohl entspricht es daher nicht, ein Wechselmodell zu dem Zweck anzuordnen, eine Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit erst herbeizuführen.
Ist das Verhältnis der Eltern erheblich konfliktbelastet, so liegt die auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Anordnung in der Regel nicht im wohlverstandenen Interesse des Kindes.
Das Familiengericht ist im Umgangsverfahren zu einer umfassenden Aufklärung verpflichtet, welche Form des Umgangs dem Kindeswohl am besten entspricht. Dies erfordert grundsätzlich auch die persönliche Anhörung des Kindes, so der BGH weiter, weil von einigen Gerichten in der Vergangenheit die Meinung vertreten wurde, das sei entbehrlich.
BGH, Beschluss vom 01.02.2017, Aktenzeichen: XII ZB 601/15
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