Der Gesetzgeber hat im Sozialverfahren eine strenge Frist für Widerspruch und Klage vorgesehen. Sie beträgt je einen Monat. Am Ende des Bescheides oder des Widerspruchbescheides befindet sich die Rechtsbehelfsbelehrung, der das entnommen werden kann.
Was aber, wenn die Frist bereits abgelaufen ist? Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben?
Nicht immer, denn in der Belehrung steht nichts vom Rettungsanker für die Säumigen. Die Brücke schlägt § 44 des 10. Sozialgesetzbuches. Dort ist unter der hölzernen Überschrift „Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes“ das Überprüfungsverfahren geregelt. Wer die Frist nicht eingehalten hat, ist nicht rettungslos verloren, wenn der Überprüfungsantrag gestellt wird und zwar bei der Behörde, die den ablehnenden Bescheid erlassen hat. Ein verspätet bei der Behörde eingegangener Widerspruch, muss als Überprüfungsantrag ausgelegt und bearbeitet werden.
Wird der Überprüfungsantrag gestellt, so wirkt er in zwei Richtungen. Die Korrektur einer Entscheidung ist sowohl für die Vergangenheit, als auch für die Zukunft möglich.
Für eine Zeit von vier Jahren können rückwirkend die Sozialleistungen noch erbracht werden. Einsatzzeitpunkt ist der Überprüfungsantrag, von dem an zurück gerechnet wird. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme des zu korrigierenden Bescheides vom Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Überprüfungsantrag gegstellt wird. Durch diese Berechnung erreicht man einen längeren Zeitraum als nur vier Jahre. Geht es um den Bezug einer Rente, dann stehen mehrere 10.000 EUR auf dem Spiel. Die rückwirkend zu erbringende Leistung wird sogar verzinst!
Die Frist ist nicht für alle Sozialleistungen einheitlich geregelt. Es gibt wenige Ausnahmen, so beim Arbeitslosengeld II, wo die Frist nur ein Jahr beträgt. Überprüft werden können nur Bescheide, die Sozialleistungen betreffen. Dazu gibt es eine umfangreiche Rechtsprechung. Im Zweifel sollte der Antrag auf Überprüfung gestellt werden, damit die Behörde das Anliegen erneut prüfen muss. Ein einfacher Brief, aus dem das Anliegen hervorgeht ist ausreichend. So wird dem Betroffenen erneut die Tür zum Rechtsweg durch die Instanzen geöffnet.
Möglich ist auch die Rücknahme der ablehnenden Entscheidung und die Bewilligung der Sozialleistung für die Zukunft mit der Folge, dass zum Beispiel die zunächst abgelehnte Rente – und dann über viele Jahre hinweg – doch noch gezahlt wird.