Erwerbsminderungsrente: Depression als Ursache der Erwerbsminderung
Psychische Erkrankungen können erst dann rentenrechtlich relevant werden, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant oder stationär) davon auszugehen ist, dass der Versicherte die psychischen Einschränkungen weder aus eigener Kraft noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe dauerhaft überwinden kann.
So lautet der Leitsatz einer Entscheidung des Bayerisches Landessozialgerichts. Das Gericht weist damit auf ein in meiner Praxis immer wieder zu beobachtendes Problem hin. Liegt tatsächlich ein Fall der Erwerbsminderung vor, der zum Bezug einer Erwerbsminderungsrente berechtigt oder handelt es um eine Arbeitsunfähigkeit, die mit Hilfe ärztlicher Kunst überwunden werden kann.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Das heißt, für die Erwerbsminderung quantitative Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden täglich absinken. Das Gericht vertritt die Auffassung, dass ausreichende Behandlungsoptionen der psychischen Erkrankung gegeben sind.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) können psychische Erkrankungen erst dann rentenrechtlich relevant werden, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant oder stationär) davon auszugehen ist, dass der Versicherte die psychischen Einschränkungen weder aus eigener Kraft noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe dauerhaft überwinden kann. Den Nachweis, dass das so ist, muss der Betroffene führen. Solange bei psychischen Erkrankungen bestehende Behandlungsoptionen nicht ausgeschöpft sind, kann von einer dauerhaften relevanten Leistungsminderung in rentenrechtlicher Hinsicht nicht ausgegangen werden.
Fazit:
Wer seinen Anspruch auf die Erwerbsminderungsrente erfolgreich durchsetzen will, muss ambulante, teilstationäre oder gar stationäre psychiatrische Behandlungen in Anspruch nehmen. Hier ist Eigeninitiative gefragt. Gehen Sie auf Ihren Arzt zu und fragen Sie ihn, holen Sie sich eine Zweitmeinung ein oder sprechen Sie mit Ihrer Krankenversicherung darüber. Abwarten, bis der Arzt was vorschlägt, reicht nicht. Das kann lange dauern oder es passiert überhaupt nichts. Oft wird der Rentenantrag aus Verzweiflung gestellt, weil die Bezugsdauer des Krankengeldes nach 78 Wochen endet und man eine AU-Bescheinigung nach der anderen erhält, ohne das sich wirklich was tut. Man sitzt nur zu Hause rum und wartet. Spätestens im Verfahren vor dem Sozialgericht kommt die Frage nach gezielten und zumutbaren Behandlung auf den Tisch, denn das Gericht fragt den Sachverständigen danach, welche Therapie noch Aussicht auf Erfolg hat! Das war dann die Stelle, an der der Kläger vor dem LSG Bayern gescheitert ist, nachdem er in der 1. Instanz vor dem SG Würzburg noch erfolgreich war. Der Sachverständige hat das bejaht und der Kläger konnte das Gericht nicht vom Gegenteil überzeugen.
LSG Bayern, Urteil vom 27.07.2016, Aktenzeichen: 19 R 395/14