Arbeitsunfall: Sturz mit knapp zwei Promille auf Grillparty
Unfall auf der Betriebsgemeinschaftveranstaltung
Man lese und staune, bei welchem Ungeschick die Gesetzliche Unfallversicherung hilft, wenn auch nicht ganz freiwillig.
Das Sozialgericht Dortmund hat über einen etwas außergewöhnlichen Unfall entschieden. Nach dessen Auffassung handelte es sich um einen Arbeitsunfall nach dem SGB VII, wo die Gesetzliche Unfallversicherung geregelt ist.
Worum geht es?
Die Klägerin begehrt die Anerkennung des Ereignisses vom 25.09.2014 als Arbeitsunfall nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII).
Im Anschluss an eine Maßnahme des Arbeitgebers zur Verbesserung der Zusammenarbeit zweier Abteilungen fand ein gemeinsamer Grillabend statt. Die Klägerin nahm mit ca. 50 weiteren Personen an der Veranstaltung teil. Am späteren Abend zwischen 23:30 Uhr und 01:00 Uhr begab sich die Klägerin auf den Weg zur Toilette. Dabei knickte die Klägerin, die zum Unfallzeitpunkt halbhohe Stiefeletten mit Keilabsätzen trug, um.
Es dauerte ca. eine halbe bis Dreiviertelstunde, bis sie einwilligte, dass ein Rettungswagen gerufen werden durfte. Es wurde eine Fraktur des linken oberen Sprunggelenks festgestellt. Das Krankenhaus erstelle aber keinen Durchgangsarztbericht und wandte sich auch nicht an die Beklagte. Das Krankenhaus gab später gegenüber der Beklagten an, dass die Klägerin dort (alkoholbedingt) nur undeutliche Angaben zum Unfallhergang gemacht habe. Die Blutalkoholkonzentration lag bei 1,99 Promille.
Die Berufsgenossenschafft lehnte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab, da sich die Klägerin zum Unfallzeitpunkt nicht bei einer versicherten Tätigkeit befunden habe. Es sei nicht ersichtlich, dass zum Unfallzeitpunkt auf der Veranstaltung noch über dienstliche Aspekte gesprochen worden sei. Ein dienstlicher Austausch sei der Klägerin auch nicht mehr möglich gewesen, da diese im Krankenhaus alkoholbedingt nur undeutliche Angaben habe machen können. Einem betrieblichen Nutzen habe auch entgegengestanden, dass am nächsten Morgen wieder Workshops angesetzt gewesen seien. Die seminarbezogene Pflichtveranstaltung sei beendet gewesen und der private Charakter habe zu dem Zeitpunkt überwogen.
Was sagt das Gericht?
Eine versicherte Tätigkeit als Beschäftigter liegt vor, wenn der Verletzte zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen. Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung im Sinne des Gesetzes wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder der Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zurzeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht, oder er unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt.
Die Klägerin befand sich zum Unfallzeitpunkt deshalb auf einem (versicherten) Weg zur Toilette im Rahmen einer Betriebsgemeinschaftsveranstaltung, so das Sozialgericht.
Fazit:
Nicht nur die eigentliche berufliche Tätigkeit ist versichert. Wege, die Beschäftigte während einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit zum Aufsuchen der Toilettenräume zurücklegen, sind nach ständiger Rechtsprechung des BSG ebenfalls unfallversichert. Dieser Versicherungsschutz beruht darauf, dass der während der Unterbrechung einer versicherten Tätigkeit zurückgelegte Weg zur Toilette mit der Betriebstätigkeit verknüpft ist.
Eine Betriebsgemeinschaftveranstaltung liegt vor, wenn drei Voraussetzungen vorliegen:
- Die Beschäftigten unterstützen durch die Teilnahme Unternehmensinteressen.
- Die Veranstaltung muss allen Beschäftigten des Unternehmens oder – bei größeren Unternehmen – einer Abteilung offen stehen.
- Die Veranstaltung muss von der Autorität der Unternehmensleitung getragen werden.
SG Dortmund, Urteil vom 01.02.2018, Aktenzeichen: S 18 U 211/15
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